Donnerstag, 9. August 2012

Schlafen, Essen, Arbeiten?

Wenn man diese Woche (32/2012) die WirtschaftsWoche liest, findet man darin einen Bericht über Frank Appels Reise nach China. So weit, so interessant, wie der Chef von DHL versucht, auch in Asien seine Konzern-Philosophie zu etablieren.

Speaking of which: Laut WirtschaftsWoche besteht Appels Motto, wenn man so möchte, in oben genannten Dreisatz: Schlafen, Essen, Arbeiten.
Diese Aussage wird vom Autor nicht dahingehend qualifiziert, ob es sich um die grundsätzliche Lebenseinstellung Appels handelt oder sich der Kommentar vielmehr auf seine terminschwangere Asienreise bezieht.
(Vielleicht braucht ein solcher Satz in CEO-Kreisen keine Erläuterung, weil sich das Leben der Erfolgreichen wesentlich um diese drei Aspekte dreht und lediglich ihre Reihenfolge indidviduell variiert.)

Interessant ist jedoch, dass auch von Seiten Appels, der den Artikel mit Sicherheit abgenickt hat, keine Ergänzung gewünscht wurde.
Und das, obwohl er sich laut WiWo-Artikel doch so sehr über das Portrait in der Zeit gefreut hat, das ihn, Caspar Rorstedt und andere CEOs als neue "Beta-Männchen" charakterisiert. Die Auszeichnung "Beta" erhalten die neuen Chefs dadurch, dass sie ihr Chef-Sein nicht aus persönlichem Narzissmus betreiben, sondern die Teamleistung in den Vordergrund stellen.
Sie fallen nicht mehr durch Statussymbole und öffentliche Wutausbrüche (oder Victory-Zeichen) auf und kommen lieber mit dem Rucksack zur Arbeit.

Die Autoren der Zeit monieren hierbei, dass es solchen Beta-Männchen in Krisenzeiten häufig an Strahl- und Führungskraft fehlt. Logisch: Wer sein Selbstbild von seinem Erfolg bzw. dem seines Unternehmens abhängig macht, wird mit einer größeren Verve für sein und dessen Überleben kämpfen. Pragmatiker arrangieren sich eben schneller mit den Gegebenheiten.

Dennoch stellt sich die Frage, ob Beta-Männchen wie Appel so ganz ohne Narzissmus auskommen oder ob sie ihn nicht vielmehr in ihrer Anspruchslosigkeit tarnen. Wer vom Leben nicht mehr fordert als "Schlafen, Essen, Arbeiten" zu dürfen, formuliert damit Bedürfnisse, die weiter hinter die dies Normalbürgers einer Konsumgesellschaft zurückfallen.
Ist dieser Asketismus innerhalb einer Konsumgesellschaft nicht aber die extremste Form der Selbststilisierung? Wenn man in einer Umwelt lebt, in der sich jeder durch die Wahl seiner Waren hervortun möchte, ist die Ablehnung dieser Ordnung doch die einzige Möglichkeit, sich gegenüber den Anderen hervorzutun.
Diese Selbststilisierung sei Appel gegönnt; dennoch bin ich mir manchmal nicht sicher, ob solche Menschen über die Bedeutung ihrer Worte genügend nachdenken. Denn Appel als Asket exemplifiziert die Regeln des Erfolges; und es ist irgendwie schade, dass innerhalb dieser Glück oder Freude gar keine Rolle spielen.

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